Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP auf der BAU 2023

Presseinformation /

Die Zeiten sind herausfordernd: Nicht nur sind die Baumaterialien im Jahr 2022 deutlich teurer geworden, auch ist die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen um knapp sieben Prozent gesunken1. Veränderungen stehen der Baubranche zudem durch die zunehmende Digitalisierung sowie gestiegene Ansprüche an die Energieeffizienz von Gebäuden oder an deren Innenraumklima bevor. Neue Lösungen aus Industrie, Politik und Forschung sind daher dringend geboten. Auf der Messe BAU 2023, die vom 17. bis 22. April 2023 in München stattfindet, präsentiert das Fraunhofer IBP im Rahmen der Sonderschau »Bauen der Zukunft« auf dem Stand der Fraunhofer-Allianz Bau (Halle C2, Stand 528) innovative Produkte und Systemlösungen zu den Themeninseln Digitalisierung, Energie und Wärme, Zukunft des Wohnens und Arbeitens sowie Ressourcen und Recycling.

Außenansicht der EE-Modulfassade mit raumhohem PV-Element.
© Fraunhofer IBP
Außenansicht der EE-Modulfassade mit raumhohem PV-Element.
Zwei Blöcke aus klimafreundlichem Porenbeton.
© Fraunhofer IBP
Der klimafreundliche Porenbeton punktet mit seinen hervorragenden Dämmeigenschaften, einer langen Lebensdauer sowie guten akustischen Eigenschaften.
Schall-Absorbierender Trennvorhang für Sporthallen (Sport-SAT).
© Fraunhofer IBP
Der neuartige Trennvorhang namens Sport-SAT, kurz für »Schall-Absorbierender Trennvorhang für Sporthallen« verbessert die Akustik enorm.

Lösungen für das Bauen der Zukunft, insbesondere für die Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft im Bau- und Wohnsektor, zeigt das Fraunhofer IBP mit zehn Exponaten. Präsentiert werden diese auf dem Messestand der Fraunhofer-Allianz Bau – genauer gesagt im und um den zweigeschossigen »Innovation Cube«. Dieser dient als symbolisches Gebäude, um neuartige Lösungen für die Gebäudehülle ebenso wie für den Innenraum zu demonstrieren. Die Exponate sind auf die vier Themeninseln Digitalisierung, Energie und Wärme, Zukunft des Wohnens und Arbeitens sowie Ressourcen und Recycling verteilt. Von Dienstag bis einschließlich Freitag gibt es zudem für alle interessierten Messebesucher zwischen 11 und 12 Uhr sowie ab 13.30 Uhr ein spannendes Vortragsprogramm.
 

Digitalisierung

Das Klima verändert sich, immer häufiger kommt es zu ausgedehnten Hitzeperioden oder starken Unwettern. Problematisch ist dies insbesondere in urbanen Räumen – sie reagieren hochsensibel auf diese Starkwetterereignisse. Städte müssen daher zunehmend auf den Klimawandel und dessen Auswirkungen reagieren. Leistungsfähige Stadtklimamodelle wie PALM-4U unterstützen dabei, denn sie lassen per Simulation das Stadtklima erlebbar werden: So ermöglichen sie klare Aussagen zu Klimaveränderungen und stadtklimatischen Zusammenhängen zu treffen. Kommunen, Planungsbeteiligte und Vorhabensträger können ihre planerischen Maßnahmen via PALM-4U auf deren klimatische Wirkung hin untersuchen und diese mittels Augmented-Reality-Anwendungen verständlich und immersiv an die Bürgerschaft kommunizieren.  

Sinnvoll ist eine Digitalisierung auch, wenn es um Energiekennzahlen geht – schließlich klafft vielfach eine Lücke zwischen den vorab prognostizierten und den tatsächlich gemessenen Energiekennzahlen. Der Grund dafür: Es fehlen Daten zu Bedürfnissen und Verhalten der nutzenden Personen. Diesem Problem widmet sich das Projekt »DataFEE«: Die Prozesskette für die Datennutzung soll systematisch erschlossen und optimiert werden – auf diese Weise sollen die Prognosen für den Gebäudebetrieb verlässlicher und die Energieeffizienz besser werden. Die Forschenden erfassen die entsprechenden Daten, bereiten sie auf und stellen sie in Form von Modellen für Planungswerkzeuge und Systeme zur Betriebsführung zur Verfügung. Dabei helfen intelligente Sensorik, Data Mining, Machine Learning und Predictive Analytics. Auch der »Digitale Zwilling« soll als cyber-physisches Abbild der realen Geräte und Gebäude eine zentrale Rolle spielen. Aufbauend auf den Ergebnissen entwickeln die Forschenden Dienstleistungen für Gebäudenutzende und -betreibende.

Auf der Standfläche der Fraunhofer-Allianz Bau präsentiert sich auch in diesem Jahr einmal mehr das Mittelstand-Digital Zentrum Bau mit seinem Angebot für kleine und mittlere Unternehmen der Bau- und Immobilienwirtschaft. Der Fokus des Zentrums, das aus vier Konsortialpartnern aus Wissenschaft und Praxis gebildet und vom Fraunhofer IBP in Holzkirchen geleitet wird, liegt auf den fünf Themenbereichen Planungsprozess, Baustelle und Facility Management sowie in der Optimierung digitaler Geschäftsprozesse und der Entwicklung innovativer Transformationsstrategien. Hierzu bietet das Zentrum fundierte Informationsmaterialen, Veranstaltungen und Digitalisierungsprojekte mit zielorientierten Roadmaps für einen resilienten Mittelstand. Das Mittelstand-Digital Zentrum Bau gehört zum Mittelstand-Digital Netzwerk, mit dem das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Digitalisierung in kleinen und mittleren Unternehmen und dem Handwerk unterstützt.
 

Energie und Wärme

Soll die Energiewende gelingen, muss die Sanierungsquote im Gebäudesektor deutlich steigen – etwa über einen höheren Vorfertigungsgrad der Bauteile. Die Fraunhofer-Institute für Bauphysik IBP und für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE haben eine Erneuerbare-Energien-Modulfassade entwickelt. Diese Fassade versorgt das Gebäude umweltfreundlich mit Strom und beheizt, kühlt und lüftet die Räume. Herzstück des Moduls ist eine Photovoltaik-Anlage, kombiniert mit einer Wärmepumpe als Wärme- und Kälteerzeuger, sowie ein dezentrales Lüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung – die allesamt im Fassadenmodul untergebracht sind. Mit dem System lassen sich sowohl Bestandsfassaden sanieren als auch Neubauten nachhaltig und energieeffizient ausstatten. Die Fassade soll modular aufgebaut sein und kostengünstig produziert werden können.
 

Zukunft des Wohnens und Arbeitens 

Wie lassen sich Baudenkmäler nachhaltig und energieeffizient erhalten? Mit dieser Fragestellung beschäftigt sich das Fraunhofer-Zentrum für energetische Altbausanierung und Denkmalpflege Benediktbeuern, indem es innovative und dauerhafte Lösungen erforscht. Dazu gehört auch die Weiterbildung »Fachplaner/in nachhaltige Instandsetzung historischer Bausubstanz« des Fraunhofer IRB unter der Marke »QualiBene – Lernen und Qualifizieren am Fraunhofer-Zentrum Benediktbeuern«. Die angehenden Fachplanerinnen und Fachplaner lernen und qualifizieren sich am Gebäude der Alten Schäfflerei, das denkmalgerecht und unter energetischen Gesichtspunkten instandgesetzt wurde und nun als Anschauungsobjekt im Sinne einer »Gläsernen Baustelle« dient. Auf der Website www.denkmalpflege.fraunhofer.de stehen ein virtueller Rundgang, aktuelle Ein- und Rückblicke in die energetische und denkmalgerechte Sanierung der Alten Schäfflerei sowie eine Vielzahl an aktuellen Inhalten zu Forschungsthemen bereit. Die neue Rubrik »Wissen sammeln & vermitteln« ermöglicht einen Zugang zu Baudatenbanken des Fraunhofer IRB.

Etwa drei Millionen Gebäude in Deutschland wurden in den 70-er und 80-er Jahren mit PCP- und Lindan-haltigen Holzschutzmitteln behandelt, um sie vor Schimmelbefall und Insektenfraß zu schützen. Beide Stoffe sind inzwischen verboten, schließlich zählen sie zu den krebserregenden und neurotoxischen Giften. Im Projekt CycloPlasma der Fraunhofer-Zukunftsstiftung untersuchen die Forschenden des Fraunhofer IBP, inwieweit sich das neuartige CycloPlasma-Verfahren zur Dekontamination nutzen lässt. Dieses Verfahren kombiniert ein innovatives Adsorbermaterial mit der Plasmatechnologie. Das Ergebnis: Mit dem CycloPlasma-Verfahren können sowohl kontaminierte Hölzer als auch Innenräume behandelt werden – nachhaltig, rückstandslos und gesundheitlich unbedenklich. In einem Versuchsaufbau auf dem Gelände des Freilichtmuseums Glentleiten erprobt das Forscherteam den Ansatz praktisch.

Auch die Akustik spielt im Leben vieler Menschen eine wichtige Rolle – im Arbeitsumfeld wie auch in der Freizeit. Turnhallen fallen häufig durch eine extreme Halligkeit negativ auf – insbesondere Mittelhallen, die durch Trennvorhänge von den äußeren Hallenbereichen separiert werden. Dort ist es oft enorm laut und die Sprachverständlichkeit ist vielfach äußerst schlecht. Der neuartige Trennvorhang namens Sport-SAT, kurz für »Schall-Absorbierender Trennvorhang für Sporthallen«, entschärft die Situation. In Verbindung mit schallabsorbierenden Prallwänden und einer absorbierenden Decke sorgt der Trennvorhang für eine sehr gute Akustik in den Teilhallen und erfüllt damit die Anforderungen nach DIN 18041 sowie DIN 18032. Kurzum: Die Halligkeit wird verringert, es wird deutlich leiser und die Sprachverständlichkeit in den Sporthallen wird stark verbessert.

Bei der Berechnung solcher Nachhallzeiten hilft die neue online-basierte Software »reverberate« – insbesondere in Rechteckräumen mit ungleichmäßiger Absorberverteilung. Dazu kommt ein neues Rechenverfahren von Zhou et al. aus dem Jahr 2021 zum Einsatz. Nutzerinnen und Nutzer können dazu die Geometrie eines Rechteckraumes eingeben und die nötigen Anforderungswerte aus der DIN 18041 wählen. Zudem lassen sich alle Raumoberflächen unterteilen sowie mit absorbierenden Materialien belegen und damit die Nachhallzeit richtig berechnen. 
 

Ressourcen und Recycling  

Starkregen und damit einhergehende Überschwemmungen bestimmen zunehmend die Schlagzeilen. Verursachen sie Wasserschäden in Wohnungen, führte bisher kaum ein Weg an lärmenden und stromfressenden Bautrocknern vorbei, um Wände wieder trocken zu bekommen. Eine deutlich energiesparendere, schnellere Möglichkeit haben Forschende des Fraunhofer IBP mit »FastDry®« entwickelt: Die Trocknungstechnologie benötigt nur etwa 15 Prozent der Energie, die Standard-Infrarotgeräte für den gleichen Vorgang brauchen. Die Arbeitstemperatur liegt typischerweise bei etwa 55° Celsius. Und, für die Bewohner besonders wichtig: Da weder Gebläse noch Kompressor im Einsatz sind, arbeiten die FastDry®-Geräte lautlos. Das neuartige Trocknungsmodul besteht aus einer großen, rechteckigen und beidseitig kaschierten Dämmplatte aus handelsüblicher, nicht brennbarer Mineralwolle, die direkt an der feuchten Wand angebracht wird und die Wand mit einem integrierten Heizdraht erwärmt. Während die Wärme durch die Dämmung in der Wand bleibt, kann der Wasserdampf ungehindert durch das diffusionsoffene Modul entweichen.

Für eine schnelle Umsetzung der geforderten CO2-Emissioneneinsparung sind Dämmstoffe elementar: Vorausgesetzt, diese sind nachhaltig produziert und fallen auch am Ende ihres Lebenszyklus nicht aus dem Stoffkreislauf. Als besonders effizient gelten Schüttdämmungen: Eingesetzte Materialien müssen für diese Anwendung nur wenig vorverarbeitet werden und lassen sich auch gut in Produktionsprozessen integrieren. Ökologische Schüttdämmungen auf Basis von Lignocellulose-Materialien bieten hierbei ein Reihe von Vorteilen. Neben lokaler Verfügbarkeit aus Reststoffströmen können durch Adaptionen des Füllmaterials die Eigenschaften des Dämmstoffes für verschiedene Anwendungsszenarien optimiert werden: Über ein alkalisch aktiviertes Biokohlenkomposit wird das Steifigkeitsverhalten der Lignocellulose-Faser dauerhaft angepasst und zusätzlich mit einem Carbon-Capture-Effekt gepaart. Mit den Partnern Baufritz und CarbonInstead wurde die Idee bereits im Pilotmaßstab umgesetzt und mit dem vor Kurzem gestarteten Projekt SchüttliBi 2.0 soll die industrielle Umsetzung ausgearbeitet werden.

Hervorragende Wärmedämmeigenschaften hat auch Porenbeton, zudem punktet er mit einer langen Lebensdauer sowie guten akustischen Eigenschaften. Forschende des Fraunhofer IBP arbeiten daher daran, mehr alternative Rohstoffe für die Herstellung des Porenbetons zu nutzen und seine Recyclingfähigkeit zu erhöhen. Im Fokus stehen dabei insbesondere primäre Rohstoffe, die eine hohe CO2-Last mit sich bringen, etwa Zement: Diese gilt es zu ersetzen, ohne die guten Dämmeigenschaften des Baumaterials negativ zu beeinflussen. Über computergestützte Modelle werden die Rezepturen für den klimafreundlichen Porenbeton systematisch optimiert. Auch verfügt das Fraunhofer IBP über die technische Ausstattung, um Porenbeton von der Rezepturerstellung bis hin zur Produktion im Pilotmaßstab weiterzuentwickeln.

1 Quelle: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/03/PD23_095_3111.html

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