Die ökophysiologische Charakterisierung und Analyse bauteilrelevanter Mikroorganismen befasst sich mit deren physiologischen Bedürfnissen und Leistungen sowie deren ökologischen Bandbreiten. Es geht um die Interaktion von Organismen mit der unbelebten und belebten Umwelt. Je genauer die ökophysiologischen Charakteristika z. B. eines Schadorganismus bzw. einer Gruppe von Organismen, deren Wachstum man einschränken oder verhindern möchte (z. B. Schimmelpilze im Innenraum oder Algen an Fassaden), bekannt sind, desto gezielter können Gegenmaßnahmen oder präventives Management entwickelt werden.
Wesentliche Hinweise auf Ablauf und Auswirkungen von mikrobiologischen Schadensprozessen können bei fundierter Kenntnis ökophysiologischer Grundlagen der beteiligten Organismen gewonnen werden, insbesondere bei unklaren Schadensbildern und bei forensischen Fragestellungen.
Schließlich ist auch der umgekehrte Weg möglich: Durch Kenntnis der Leistungen von Mikroorganismen können diese für biotechnologische Umsetzungen in vielfältigster Weise herangezogen werden.
Die ökophysiologische Kompetenz am Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP fußt auf einer umfassenden Kenntnis aus Forschungsarbeiten, einer hervorragenden Ausstattung, einer Lebenddatenbank bauteilrelevanter Mikroorganismen sowie unserer langjährigen Erfahrung.
Die Datenbank bauteilrelevanter Mikroorganismen des Fraunhofer IBP bildet einen wesentlichen Grundstock der Institutskenntnisse im Bereich der Gebäudemikrobioms und der Materialmikrobiologie. In mehr als 500 einzelnen Kulturen werden unterschiedlichste Stämme von bauteilrelevanten Mikroorganismen mit Schwerpunkt auf Gebäudealgen und Gebäudepilze gepflegt. Die Datenbank dient der Dokumentation, leistet wertvolle Hilfestellung bei der Analyse von neuen Schadensfällen und Schadensbildern und erlaubt die Beobachtung unterschiedlicher Stadien sowie das Wachstum auf unterschiedlichen Nährmedien. Besonders hervorzuheben ist der Nutzen bei gezielten Materialtests, da es sich bei den Stämmen in der Sammlung überwiegend um Formen aus tatsächlichen Schadensprozessen handelt und nicht aus gänzlich unterschiedlichen Umweltsituationen. Die Sammlung wird laufend um Kenntnisse aus Experimenten und aktuellen Literaturstudien zu den gepflegten Stämmen erweitert. Diese Daten bilden einen wichtigen Teil der ökophysiologischen Kompetenz am Institut. Da viele der isolierten Stämme zu besonderen ökophysiologischen Leistungen in der Lage sind, stellen sie auch ein wertvolles Potenzial für biotechnologische Anwendungen dar bzw. bilden ein einzigartiges genetisches Reservoir.
Neben Mikroskopie kommen zur Taxonomie auch molekularbiologische Methoden (PCR, genetic barcoding) zum Einsatz.