Neue Lärmkarten berücksichtigen die Schallwahrnehmung
Lärmkarten basieren auf dem Schalldruckpegel als Beschreibung der Geräuschsituation an einzelnen Orten. Mit diesem zusammengefassten Wert lässt sich jedoch die tatsächlich wahrgenommene Geräuschbelastung nur zu 30 Prozent beschreiben. Forschende haben nun gemeinsam mit der SoundPLAN GmbH eine neue Lärmkarte entwickelt. Sie berücksichtigt erstmalig weitere psychoakustische Größen, um damit die Geräuschsituationen realistischer bewerten zu können.
Ist eine Lärmschutzwand nötig? Oder muss die zulässige Geschwindigkeit reduziert werden, um Anwohnende vor Geräuschbelästigung zu schützen? Lärmkarten helfen bei der Beantwortung solcher Fragen. Um die Karten zu erstellen, wird u.a. die Anzahl der Fahrzeuge auf viel befahrenen Straßen eingegeben und anhand dieser Daten via Software der erzeugte Schalldruckpegel prognostiziert. Das Manko: Zwar ist der Schalldruckpegel allgemein verständlich, doch erklärt er eine Lärmbelästigung nachweislich nur zu 30 Prozent. Deutlich gewichtiger sind Wahrnehmungseffekte durch das Gehör selbst, durch die Anatomie des Ohrs sowie durch psychologische Effekte. Surrt beispielsweise eine Mücke umher, mag das Geräusch einen niedrigen Schalldruck haben – es wird jedoch durch die negative Erwartungshaltung, gestochen zu werden, sowie den charakteristischen Klang meist als äußerst störend empfunden.
Lautheit, Schärfe und Tonalität
Forschende des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP erstellen gemeinsam mit der SoundPLAN GmbH neue Lärmkarten, die erstmals wahrnehmungsbezogene Größen mitberücksichtigen. »Dazu ergänzen wir den Schalldruckpegel durch Größen wie Lautheit, Schärfe und Tonalität. Künftig soll auch noch die psychoakustische Rauheit hinzukommen«, erläutert David Goecke, Gruppenleiter Technischer Schallschutz und Fahrzeugakustik am Fraunhofer IBP. So ist zwar die Lautheit eng mit dem Schalldruckpegel verknüpft, hat jedoch ein paar elementare Feinheiten: Beispielsweise wird hier berücksichtigt, dass sich verschiedene Geräuschanteile gegenseitig maskieren, also verdecken, können. Bei scharfen Tönen, etwa einem Zischen, werden die hohen Töne stark wahrgenommen. Auch hat die Schärfe – anders als der Schalldruckpegel, der mit der Entfernung deutlich leiser wird – eine äußerst hohe Reichweite. Die berücksichtigten und prognostizierten Größen beruhen auf standardisierten Berechnungsverfahren. Anfang Juli 2024 soll die neue Prognosesoftware veröffentlich werden. »Interessant ist die Lärmprognose besonders für technische Geräte und Anlagen«, sagt Goecke. »Was etwa bedeutet es, wenn eine brummende Wärmepumpe in eine virtuelle Lärmkarte positioniert wird? In welcher Entfernung ist der Lüfter zu hören und eventuell belästigend?«
Um das psychoakustische Modell zu validieren, bauen die Forschenden in großen, akustisch optimierten Räumen des Fraunhofer IBP konkrete Szenarien nach. Dort messen sie den Schalldruckpegel und können zugleich Lautheit, Schärfe und Tonalität errechnen und mit der psychoakustischen SoundPLAN-Simulation vergleichen. Zudem plant das Team, in der Karte platzierte Schallquellen, etwa Wärmepumpen, virtuell hörbar zu machen, also die Geräusche zu auralisieren.
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