Netzwerkveranstaltung / 15. März 2023
CIRCONOMY® Hub »Stoffkreisläufe im Bausektor«: Erste Netzwerkveranstaltung
Unter der Marke CIRCONOMY® bündelt die Fraunhofer-Gesellschaft Lösungen und Kompetenzen für das zirkuläre Wirtschaften. Die Initiative der Fraunhofer CIRCONOMY® Hubs errichtet dazu ein deutschlandweites Netzwerk als neues, agiles Instrument zur Zusammenarbeit auf Basis einer gemeinsam getragenen Mission: Systemische und technologische Lösungen entwickeln, die nachhaltige Produktion, nachhaltigen Konsum und zirkuläres Wirtschaften ermöglichen.
Die Institute Fraunhofer IBP in Holzkirchen und Fraunhofer IMW in Leipzig gründen und etablieren den CIRCONOMY® Hub »Stoffkreisläufe im Bausektor«. Die Aufgaben des Hubs bestehen im Ausbau eines Netzwerks physischer Entwicklungszentren zum Baustoffrecycling, sowie in der Entwicklung von Werkzeugen und Methoden, Bauabbruch in gleichwertige oder höherwertige Verwertungsprozesse zu überführen. Das erste Netzwerktreffen zum CIRCONOMY® Hub »Stoffkreisläufe im Bausektor« startete mit gut zwanzig motivierten Teilnehmer*innen und Referierenden am 15. März 2023 in Holzkirchen. Während Impulse aus Forschung und Praxis, sowie ein Institutsrundgang ein breites Spektrum an Inhalten im Themenfeld Kreislaufwirtschaft und Circular Economy adressierten, blieb während der Lunch- und Kaffeepausen Zeit für einen vertieften Austausch.Zur Einführung in die Veranstaltung gab Dr. Hartmut Pflaum vom Fraunhofer UMSICHT Einblicke in die CIRCONOMY® Initiative und berichtete über aktuell dringliche Fragestellungen im Zusammenhang mit Stoffkreisläufen und Circular Economy: »CIRCONOMY® Hubs – Werte schaffen, mit Werten handeln«. Das Ziel der Hubs liege darin, eine Infrastruktur für zirkuläre Ökosysteme zu bieten und dadurch eine Transformation zu bewirken. Der Blick auf die Einsatzquoten wesentlicher Sekundärrohstoffe in Deutschland zeige, dass im Bauwesen eine Transformation möglich und notwendig ist: Aktuell liegt der Wert für Baustoffe in der o.g. Statistik bei lediglich 13%, bis 2030 bestehe ein Potenzial von 38%.
In einer ersten Impuls-Runde mit Einblicken in verschiedene Forschungs- und Arbeitsinhalte berichteten Dr. Andrea Burdack-Freitag und Christoph Schwitalla (beide Fraunhofer IBP) über deren Forschungsarbeiten zum Recycling von WDVS-Systemen und zur Aufbereitung von gesundheitsschädlichen, belasteten Holzwerkstoffen. Dass der englische Begriff der Circular Economy und der deutsche Begriff der Kreislaufwirtschaft nicht identisch sind, wurde deutlich, da der Kreislaufwirtschaftsgedanke im deutschsprachigen Raum historisch begründet erst ab dem Punkt der Entsorgung Anwendung findet und nicht bereits bei der Vermeidung oder beim Wiederverwertungsgedanken ansetzt. Aus seiner Forschung heraus weist Schwitalla darauf hin, dass darüber hinaus der Wirkstoff von heute der Störstoff von morgen sein kann, was nicht nur Nachteile mit sich bringt. Auch Dr. Andrea Burdack-Freitag forscht zu früheren Wirkstoffen, die heute Störstoffe darstellen: Lindan und PCP, Biozide bzw. Insektozide, die jahrzehntelang als Holzschutzmittel verwendet wurden, weisen heute gesundheitsschädliche Eigenschaften auf und wurden folglich verboten. Betroffen sind ca. 10% des Gebäudebestands und damit etwa 4 Mio. Gebäude. Historische Gebäude zu sanieren und die gefährlichen Stoffe zu dekontaminieren ist Inhalt von Burdack-Freitags aktuellem Forschungsprojekt CycloPlasma.
Ergänzt wurden die Ausführungen der Forschenden durch einen Bericht aus der Praxis: Als Mitarbeiter des C³Verbandes und Projektleiter des Projekts WIRreFA (WIR! recyceln Fasern) führte Dr. Stefan Minar Inhalte, Herausforderungen und Ziele des Industrieverbandes auf. Die Mitglieder des C³Verbandes betrachten seit jeher die Recyclingfähigkeit des Baustoffes Carbonbeton. Der Abbruch, Rückbau und Recycling des Verbundwerkstoffes erfolgt bisweilen durch herkömmliche Verfahren. Auch die industrielle, sortenreine Trennung ist mit einer Separation der Carbonbewehrung mittels kamerabasierter Einzelkorn-Sortierung bis zu 98% möglich. In dem nun gestarteten Projektes WIRreFa (BMBF) soll darauf aufbauend weiterhin die Optimierung der Materialien, die Erfassung und Bündelung von Abfallströmen, die sortenreine Sammlung und Aufbereitung sowie die Entwicklung neuer Produkte und Ausbildungskonzepte erfolgen.
Dr. Volker Thome erörterte anschließend die Möglichkeiten der Herstellung sekundärer Rohstoffe: Forschungsprojekte von ihm und seiner Abteilung »Mineralische Werkstoffe und Baustoffrecycling« umfassen u. a. die Herstellung von Recycling-Beton im Verfahren der Elektrodynamischen Fragmentierung (EDF), das Erzeugen von Kalk aus Bauschutt (ENSUBA) und das Trennen von Bauschutt in seine Einzelteile, um diese in einem hohen Reinheitsgrad wiederverwenden zu können (BauCycle).
Im Anschluss an einen darauffolgenden Institutsrundgang bot Christoph Ley, Geschäftsführer der Zentek Services GmbH, einen Beitrag zum Stand des Recyclings am deutschen Entsorgungsmarkt und schloss damit als Ausblick noch einmal den Bogen zu den aktuell dringlichen Fragen und Herausforderungen der Bauwirtschaft. In seinen Ausführungen stellte Ley dar, dass Baustellen erfahrungsgemäß einen sehr hohen Prozentsatz an Baumischabfällen erzeugen und nur in geringem Umfang Abfälle getrennt werden. Die firmenintern erhobenen Werte liegen zwischen 83% Baumischabfälle bei Fertighausbaustellen und 25% Baumischabfälle auf Großbaustellen. Der Vortrag brachte zum Ausdruck: Eine Verbesserung beim Recycling ist machbar und notwendig, vor allem, wenn Stoffe bereits früh im Verwertungsprozess getrennt werden bzw. auch frühzeitig klar ist, welche Materialien vorhanden sind.
Die Präsentationen in PDF-Format der beschriebenen Vorträge stehen in der nebenstehenden Box »Downloads« zum Herunterladen bereit.