Die Forschungsorgel – Verbindung von Physik und Musik

Orgelkonzert mit Attila Kálmán
© Fraunhofer IBP
Kirchenmusikdirektor Attila Kálmán spielt ausgesuchte Musikstücke.

Besucherinnen und Besucher, die einen Laborrundgang am Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP in Stuttgart machen, kann es in der Abteilung Akustik durchaus passieren, dass sie sich mitten in einem Orgelkonzert wiederfinden. Eine Orgel an einem Institut für Bauphysik? Unsere Expert*innen aus dem Bereich Akustik widmen sich seit vielen Jahren der Erforschung europäischer Musikinstrumente, insbesondere der Orgel. Neben Forschungsprojekten zum Instrument geht es dabei auch um das Wechselspiel von Instrument und Raum, um Verstehen und Erleben.

Projektziele

Die Orgel ist nicht nur Instrument des Jahres 2021, sie kann mit ihrer klanglichen Vielfalt auch viele Stimmungen ausdrücken, die uns bewegen. Im März 2021 gab es deshalb am Fraunhofer IBP ein Vergnügen der besonderen Art: Kirchenmusikdirektor Attila Kálmán spielte ein facettenreiches, multimediales und interaktives Programm für Jung und Alt auf der Forschungsorgel für unsere Mitarbeitenden. Kálmán verstand es meisterhaft, der Orgel die orchestrale Klangfülle zu entlocken und mit ihr u. a. auch Tierstimmen nachzuahmen. Was die Forschungsorgel von anderen Orgeln unterscheidet und was mit ihr erforscht wird, interessierte das Publikum ebenfalls. Erklärt wurden u. a., wie Windsysteme die Pfeifen zum Klingen bringen, was eine Schleife ist und wie diese funktioniert oder wie Register die Klangfarben der fast 1.000 Pfeifen beeinflussen. Passend zu den Erläuterungen spielte Herr Kálmán ausgesuchte Musikstücke. 

Stand des Projektes

Die Forschungsorgel des Fraunhofer IBP wurde von der renommierten Werkstätte für Orgelbau Mühleisen in Leonberg gebaut und ist in mehrfacher Hinsicht etwas Besonderes: Auffallend ist zunächst ihre transparente Gestaltung. Damit kann jeder dem Instrument sozusagen mitten ins Herz sehen und die Technik sowie die komplexe Funktionsweise studieren. Auch das Windsystem der Orgel ist etwas Besonderes. Es kann von einem »traditionellen« auf ein innovatives System umgeschaltet werden, das den Winddruck im Gegensatz zur »herkömmlichen« Lösung direkt an der Windlade regelt, um Druckverluste und Druckschwankungen zu vermeiden, die den Klang der Orgel nachteilig beeinflussen könnten. Zudem ist eine Windlade des Hauptwerks austauschbar. Dadurch können neuartige Ventile und Pfeifenanordnungen erprobt werden. Ebenso erlauben die Pfeifenstöcke einen späteren Tausch für Versuche mit neuartigen Pfeifenformen. Damit können neue Klangideen erprobt und hörbar gemacht werden.

Der Hauptzweck der Forschungsorgel am Fraunhofer IBP liegt in der Untersuchung von technischen und klanglichen Fragen. Als Forschungs- und Entwicklungspartner stehen z.B. wir Instrumentenbauern und Restauratoren alter Instrumente mit unseren Akustiklaboren, messtechnischen Einrichtungen und Simulationsprogrammen beratend und begleitend zur Verfügung.  Die Forschungsorgel eignet sich aber auch perfekt, um die Verknüpfung von Musik und Physik zu vermitteln, zu verstehen und zu erleben. 

Kálmán
© Fraunhofer IBP
Kirchenmusikdirektor Attila Kálmán.
Videoaufnahmen der Forschungsorgel
© Fraunhofer IBP
Videoaufnahmen während des Orgelkonzerts.
Orgel
© Fraunhofer IBP
Orgelkonzert von Kirchenmusikdirektor Attila Kálmán.