Effizienztechnologien für die Zukunft
Seit November 2011 leben sieben Milliarden Menschen auf der Erde, bis 2050 wird die Weltbevölkerung um weitere zwei Milliarden anwachsen. Laut einer Vorhersage der OECD wird sich bis dahin auch die Weltwirtschaft fast vervierfachen. Gleichzeitig wird sich der Kampf um Ressourcen aus Gründen der Verknappung sowie deren Schonung aus ökologischen Aspekten zuspitzen. Daher wird die Menschheit immer mehr Wertschöpfung mit immer weniger Ressourcen generieren müssen. Eines der zentralen Schlagwörter in Zukunft heißt deshalb: Effizienz. Auf der Sonderschau »IndustrialGreenTec« (Halle 6, Stand J18) zeigt die Fraunhofer-Allianz Bau mit ihren Mitgliedsinstituten während der Hannover Messe von 7. bis 11. April exemplarisch innovative Effizienztechnologien aus den Bereichen »Materialien«, »Oberflächen«, »Wasser« und »Grüne Chemie«.
Die Bauindustrie zählt mit rund 700.000 Beschäftigten zu den tragenden Säulen der deutschen Volkswirtschaft. Ihre Innovationsfähigkeit wird entscheiden, ob die Klimaziele der Bundesregierung bezüglich CO2-Reduktion und Energieeinsparung durch weitere Verbesserungen in den Bereichen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit erreicht werden können. Gleichzeitig wird die Baubranche aber auch auf die sich ständig ändernden Anforderungen an die künftige Lebenssituation und den Komfort reagieren müssen. All das stellt eine große Herausforderung dar, der sich die Fraunhofer-Allianz Bau seit ihrer Gründung im Jahr 2008 stellt.
Effektive Wiederaufbereitung von Rohstoffen
Ob Bauschutt, Müllverbrennungsschlacke, kohlefaserverstärkter Verbundwerkstoff oder Elektronikschrott – jedes Jahr fallen weltweit insgesamt mehrere Millionen Tonnen derartiger Abfälle an. Nur ein Bruchteil davon wird bislang effizient wiederaufbereitet, Rohstoffe en masse verschwinden in der Versenkung statt erneut in den Produktionskreislauf geführt zu werden. Durch die in den letzten Jahren zunehmende Ressourcenknappheit gewinnt das Recycling von Verbundwerkstoffen immer mehr an Bedeutung. Dabei wird verstärkt auf eine echte Wiederverwertung der verschiedenen Bestandteile Wert gelegt. Mit der elektrodynamischen Fragmentierung, einer Methode, deren Weiterentwicklung das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP konsequent vorangetrieben hat, ist es möglich verschiedenste Verbundmaterialien wieder selektiv aufzutrennen und zurückzugewinnen.
Reibungslose Lüftung
Um die positiven energetischen Effekte der Wärmerückgewinnung in raumlufttechnischen Anlagen maximal zu nutzen, müssen diese effizient arbeiten. Die Optimierungsmöglichkeiten an der Anlagentechnik sind inzwischen allerdings weitgehend ausgeschöpft. Das Projekt EFFORA konzentriert sich deshalb auf neuartige Oberflächenstrukturen zur Reduzierung der Rohrreibungswiderstände. Fraunhofer-Wissenschaftler arbeiten an mikrostrukturierten Ribletoberflächen für Teile raumlufttechnischer Anlagen. Die Ribletstruktur wurde am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM entwickelt. Die strömungsgünstige Beschichtung reduziert den Reibungswiderstand, wodurch Energie und damit Kosten eingespart werden können. Diese funktionellen Oberflächen dienen dem Nachweis der zu erzielenden Effizienzsteigerung im Vergleich zu heutigen Lüftungssystemen. Hierzu werden am Fraunhofer IBP Merkmale wie Schalldruckpegel und Systemeffizienz in Versuchsreihen ermittelt, um für nachfolgende Projekte ein belastbares Datenportfolio sowie Demonstratoren zur Verfügung zu haben.
Grüne Chemie
Nachwachsende Rohstoffe wie Holz oder Pflanzenöle werden als Rohstoffbasis für die Chemie immer wichtiger, sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht. Die Natur bietet ein riesiges Potenzial, um fossile Rohstoffe zu ersetzen und beispielsweise Biotenside, langkettige Dicarbonsäuren, Epoxide und Aromaten herzustellen. Das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB entwickelt mikrobielle Expressionssysteme, Produktions- und Aufarbeitungsverfahren, um nachwachende Rohstoffe stofflich und energetisch zu nutzen. Vielfach werden die gewünschten Umsetzungen erst durch die Kombination von biotechnologischen mit chemischen Prozessen möglich. Die Projektgruppe BioCat entwickelt neue Chemo- und Biokatalysatoren für Feinchemikalien und chemische Energiespeicherung. Am Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP werden die Verfahren bis in produktionsrelevante Dimensionen skaliert.
Intelligente Oberflächenbeschichtungen
Über das gezielte Einstellen der Oberflächenenergie eines Werkstoffes kann man die Benetzungseigenschaften steuern. So lassen sich mittels Plasmatechnologie wasserabweisende Schichten mit Anti-Eis-Effekt auf Kunststofffolien erzeugen. Mit einer Plasmabehandlung von Textilien kann beispielsweise der Tragekomfort oder das Reinigungsverhalten von Reinigungstüchern erheblich verbessert werden. Die bei Elastomerbauteilen zu beobachtende Adhäsionsneigung wird durch Plasmabeschichtungen ebenfalls vermindert. Zudem lässt sich durch das Abscheiden von Nanoschichten auch das Korrosionsverhalten beeinflussen. Wie das funktioniert, zeigt auf dem Stand der Fraunhofer-Allianz Bau (J18) in Halle 6 ebenfalls das Fraunhofer IGB.
Innovatives, modulares Gebäudekonzept für Museen, Archive und Sammler
Die ModulDepot GmbH, ein Spin-off des Fraunhofer IBP, wird in Hannover ebenfalls vertreten sein. Unter dem Oberthema » tech transfer – Gateway2Innovation« präsentiert sich das Unternehmen in Halle 2, Stand D07/1. Mit einem innovativen, modularen Gebäudekonzept bietet ModulDepot Gebäude in Niedrigenergiebauweise zur optimalen Lagerung von Kunst und Kulturgütern für Museen, Archive und Privatsammler an. Die gemeinsam mit dem Münchner Immobilienunternehmen Südhausbau und k3-artservices entwickelte Lösung wird zum einen der Aufbewahrung von sensiblen Kunstgegenständen gerecht, ist aber gleichzeitig flexibel, wirtschaftlich und ressourcenschonend. Das ModulDepot umfasst verschiedene Raummodule, die je nach Bedarf miteinander kombiniert werden können. So werden neben Modulen für Sammlungszentren auch spezielle Module für Gemälde, Archive oder archäologische Sammlungen oder funktionale Module für Anlieferung, Restaurierung oder Werkstatt angeboten. Das standardisierte Grundkonzept, die Verwendung von Halbfertigteilen sowie die speziell am Fraunhofer IBP entwickelte Thermodoppelwand, ermöglichen die schnelle Realisierung eines Projektes. Die Planung und Umsetzung nach den Grundsätzen des Passivhausstandards schaffen ein für Kunst- und Kulturgüter optimales Raumklima mit nur geringen Schwankungen der Luftfeuchte und der Raumtemperatur. Die im Lebenszyklus einer Immobilie maßgeblichen Kosten für den Unterhalt werden dadurch auf ein Minimum reduziert. Die Realisierung eines Nullenergiegebäudes ist grundsätzlich ebenfalls möglich.
Vortrag des Sprechers der Fraunhofer-Allianz Bau
Zum Thema »Neues aus Forschung und Entwicklung für eine nachhaltige Produktion« wird der Sprecher der Fraunhofer-Allianz Bau, Prof. Dr. Klaus Peter Sedlbauer, am Mittwoch, 9. April, einen Vortrag auf der IndustrialGreenTec-Conference halten.
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