Gespräche über Kopfhörer – gezielt maskiert

Spricht jemand am Nachbarschreibtisch, wird die eigene Konzentration unweigerlich gestört. Kopfhörer mit einer personalisierbaren App, die von Forschenden des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP entwickelt werden, sollen schon bald Abhilfe schaffen: Abhängig von den Umgebungsgeräuschen streamt sie eine Art nicht-ablenkender Musik auf die Kopfhörer, die störende Sprache maskiert, selbst aber nicht ablenkt und so die Produktivität um bis zu 35 Prozent steigert.

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Arbeiten mit Kopfhörern

Großraumbüros, in denen zahlreiche Kolleginnen und Kollegen durcheinander reden, sind den meisten Menschen ein Graus. Doch tatsächlich ist es oft deutlich anstrengender, das Büro mit nur einem weiteren Mitarbeitenden zu teilen: Denn während sich die Gespräche zahlreicher Menschen gegenseitig maskieren – man die einzelnen Gespräche also nicht versteht – kommt man bei einem einzelnen am Nachbartisch telefonierenden Kollegen kaum umhin, jedes Wort mitanzuhören. Die Ablenkung ist dementsprechend groß.

Künftig könnte das passé sein: über Kopfhörer, die die Gespräche im Hintergrund über eine Art Musik maskieren, also unverständlich werden lassen. Entwickelt wurde das System am Fraunhofer IBP. »Zwar hören viele Menschen beim Arbeiten über Kopfhörer Musik, jedoch führt das nachgewiesenermaßen stets zu einer kognitiven Ablenkung – schließlich weist Musik die gleichen temporal-spektralen Schwankungen auf wie die Sprache«, weiß Benjamin Müller, Abteilungsleiter Akustik am Fraunhofer IBP. »Wir haben eine maskierende Musik komponiert, die keinerlei temporal-spektrale Schwankungen aufweist und somit nicht zu kognitiven Leistungseinbußen führt.« Da die Kopfhörer an sich den Gesamtgeräuschpegel am Ohr um 20 bis 25 Dezibel senken – auch wenn sie gegen die Sprachverständlichkeit nichts ausrichten können – kann die Maskierung durch die Musik recht leise sein.

Die Besonderheit liegt jedoch nicht in der Art der Musik allein, sondern auch in einem neuartigen Algorithmus: Er passt die Lautstärke der Musik dynamisch an die Intensität der Umgebungsgeräusche an – hält die Musik also so leise wie möglich, aber stets so laut, dass die Gespräche an den Nachbartischen unverständlich sind und man sich ungestört konzentrieren kann. »Die Produktivität lässt sich auf diese Weise um bis zu 35 Prozent steigern«, fasst Müller zusammen. Der Algorithmus ist bereits zum Patent angemeldet. Das Start-up Mindboost, das von einem EXIST-Gründerstipendium gefördert wird und sich derzeit in der Gründung befindet, möchte das System in Form einer personalisierbaren App auf den Markt bringen – voraussichtlich wird es noch im Laufe des Jahres 2024 so weit sein. 

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