Quartiersbau: Ökobilanz und Wirtschaftlichkeit verbinden

Gutes belohnen, Schlechtes bestrafen: Mit dem »Green Deal« hat die EU ein Instrument geschaffen, mit welchem sich die Finanzströme in Richtung Klimaschutz lenken lassen. Investitionen, die Vorteile für Klima und Umwelt schaffen, werden etwa über günstigere Darlehen gefördert, nachteilige dagegen mit Aufschlägen versehen. Interessant ist das beispielsweise für Bauträger, die den Bau von großen Quartieren planen. Ist dieses nachhaltiger ausgelegt, erhält der Bauträger zinsgünstigere Darlehen.

Projekttreffen mit der Firma msg for banking ag und der BÜSCHL Unternehmensgruppe
© Fraunhofer IBP
V.l.n.r.: Frank Jainz, Matthias Fischer, Dr. Stefan Albrecht, Prof. Dr. Konrad Wimmer, Korbinian Czirwitzky, Joachim Jaenicke, Jude Al Issa Zada, Dr. Robert Ilg und Prof. Dr. Manuela Ender

Für die Bewertung reicht die Ökobilanzierung nicht mehr aus

Doch wie lässt sich bewerten, ob ein Bauvorhaben umwelt- und klimafreundlich ist? »Die klassische Ökobilanzierung reicht dafür nicht mehr aus – schließlich kommen ökonomische Bewertungen wie Ausfallwahrscheinlichkeiten, Verzinsungen oder die zukünftige Entwicklung des CO2-Preises hinzu«, weiß Dr. Robert Ilg, Geschäftsfeldentwickler am Fraunhofer IBP. Eine solche Verknüpfung von Ökobilanz und ökonomischen Kenngrößen haben die Forschenden des Fraunhofer IBP nun für ein nachhaltigeres Quartier in München entwickelt, gemeinsam mit der Firma msg for banking ag, Marktführer in Banksteuerung und Meldewesen, sowie der BÜSCHL Unternehmensgruppe als einer der führenden Projektentwickler in der Metropolregion München. »Über diese Zusammenarbeit konnten wir zwei Stärken miteinander verknüpfen: Die Ökobilanzierung, die am Fraunhofer IBP bereits seit Jahrzehnten zum Kerngeschäft gehört, sowie die Erstellung digitalisierter Lösungen für das Bankenwesen, also die Kompetenz von msg for banking ag«, sagt Ilg.

Über die Fraunhofer-IBP-eigene Software GENERIS® erstellten die Forschenden skalierbare Gebäudetypen wie Geschäftsgebäude und Wohnquartiere mit unterschiedlichen Wohntypen. Diese lassen sich nicht nur modular zu einem gesamten Quartier zusammenfügen, sondern einzelne Gebäude können auch in sich unterschiedliche Nutzungskonfigurationen aufweisen. So sind beispielsweise unterschiedliche Varianten für Gebäude abbildbar: Etwa im Erdgeschoss Geschäftsräume, in der ersten Etage eine Kita, in der dritten bis fünften Ebene Wohnungen mit mittlerer Ausstattung sowie Wohnungen in hochwertiger Ausstattung in den Stockwerken sechs bis zehn. Über eine Schnittstelle wurden diese Gebäudeinformationen mit dem ökobilanziellen Profil an die Tools und Inhalte von msg for banking übergeben. Auf diese Weise kann die BÜSCHL Unternehmensgruppe ökologische und ökonomische Vergleiche des Quartiers durchführen: Etwa zwischen unterschiedlichen Gebäudekonstruktionsaufbauten. »Das Tool schreibt die anfallenden Kosten – angepasst an den jeweiligen Gebäudetypus – für die nächsten 50 Jahre fort: Wie wird sich beispielsweise der CO2-Preis voraussichtlich entwickeln? Welche Mehrkosten könnten durch eine nachhaltigere Bauweise vermieden werden? Auf diese Weise ist eine deutlich realistischere Marktbewertung möglich als bisher«, fasst Ilg zusammen.
 

Prototyp an die BÜSCHL Unternehmensgruppe übergeben

Das Projekt ist abgeschlossen, der Prototyp wurde für die Planung des Münchner Quartiers an die Firma BÜSCHL übergeben. Doch lässt sich das System auch auf andere Quartiere und Bauträger anwenden – schließlich ist es bewusst generisch gehalten. »Wir entwickeln den Prototyp derzeit weiter zu einer Software, die wir gemeinsam mit msg for banking ag für die gesamte Baubranche anbieten wollen.«

 

Letzte Änderung: