Guter Klang im Quartier

Ist eine Lärmschutzwand an der Autobahn nötig? Bisher werden für solche Fragen Lärmkartierungen herangezogen, die auf dem reinen Schalldruck basieren. Doch lässt sich die Lärmbelastung nicht allein an der Lautstärke festmachen. Forschende des Fraunhofer IBP arbeiten daher an Klanglandschaften, die die menschliche Hörempfindung berücksichtigen – und ermöglichen somit einen passgenaueren Lärmschutz in Städten, Kommunen und Gemeinden.

Innenhof als Naherholungsgebiet
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Aufjaulende Motorräder, startende Flugzeuge oder das Rattern vorbeifahrender Güterzüge – Lärm ist nicht nur störend, sondern beeinträchtigt auch die Gesundheit. So lässt er den Körper vermehrt Stresshormone ausschütten und kann Veränderungen bei Blutdruck, Herzfrequenz und anderen Kreislauffaktoren hervorrufen. In Wohngebieten darf der Lärm daher tagsüber eine Grenze von 50 dB(A) nicht überschreiten, nachts verschiebt sich diese auf 35 dB(A). Lärmkartierungen der einzelnen Bundesländer geben an, wie es um den Geräuschpegel rund um Straßen, Schienen und Co. bestellt ist.
 

Plätscherndes Wasser oder das Rattern eines Zuges?

Doch empfinden Menschen Lärm nicht gleich Lärm. Forschende des Fraunhofer IBP arbeiten daher an Klanglandschaften, die die Lärmkartierungen künftig ersetzen könnten. »In diesen Klanglandschaften, englisch Soundscape genannt, berücksichtigen wir nicht nur den reinen Schalldruck, sondern auch die vom Kontext beeinflussten Parameter wie die Hörempfindung und somit die Wirkung der verschiedenen Lärmquellen auf die unterschiedlichen Menschen«, sagt Xiaoru Zhou, Wissenschaftler am Fraunhofer IBP. »So kann Lärmschutz bei bestimmten Lärmquellen wie Zügen bereits unter 50 Dezibel angebracht sein, während bei Naturgeräuschen wie dem Rauschen von Wasser oder dem Rascheln von Blättern auch über 50 Dezibel tolerierbar sein können.« Unangenehme Geräusche lassen sich daher maskieren. Ein Beispiel: Auf einem Platz in der Stadt könnte der Verkehrslärm etwa durch einen plätschernden Brunnen überlagert werden. Denn während der Verkehrslärm als unangenehm und belastend empfunden wird, nehmen wir natürliche Schallquellen wie Wasserplätschern als angenehm wahr.
 

Lärmschutz berücksichtigt menschliche Bedürfnisse

Um eine Klanglandschaft zu erstellen, verwenden die Forschenden Daten vom Umweltbundesamt als Basis. Wie viele Autos fahren durch eine Straße, wie viele Züge passieren täglich eine bestimmte Strecke? Diese Daten kombinieren sie mit geometrischen Daten aus Karten, etwa den Standorten von Bäumen und Wiesen. Ergänzt wird diese Datengrundlage durch Messungen vor Ort sowie gegebenenfalls durch Onlinebefragungen von Anwohnern. »Anders als bei Lärmkartierungen fließen psychologische Parameter mit in die Lärm-Darstellung, etwa die Art der Geräusche, die wir durch Angaben wie Schärfe, Rauheit oder Schwankungsstärke erfassen«, erläutert Zhou. Anhand dieser Klanglandschaften erstellen die Forschenden Lärmschutzkonzepte, die die menschlichen Bedürfnisse in weit stärkerem Maß berücksichtigen als bisherige Lösungen.

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