Sprachverständlichkeit mit Atemschutzmasken
Vor der Corona-Pandemie waren Masken hierzulande ein Zeichen des sich Verbergens oder sie wurden zur Durchführung unerlaubter Handlungen getragen. Jetzt sind sie zu einem Zeichen der sozialen Verantwortung und des Schutzes geworden. Dieser Schutz hat aber auch Nachteile: Er wirkt sich z.B. auf die Verständlichkeit von Sprache aus. Im täglichen Leben erschweren Masken die Kommunikation durch die Minderung der Sprachpegel. Je umfangreicher die Schutzmaßnahme, so die Erfahrung der Betroffenen, desto gravierender ist der Einfluss auf die Sprachverständlichkeit. Im Bereich der Lebensrettung (Feuerwehr oder Krankenhäuser) können Fehlurteile verursacht und dadurch sogar Leben gefährdet werden.
Im sozialen Umgang fällt mit dem Verbergen des Mundes der visuelle Abgleich mit der Mimik weg, der zur Deutung der Sprache herangezogen wird und insbesondere bei Personen mit Hörverlust wesentlich zum Sprachverstehen und somit zur Inklusion beiträgt. Darüber hinaus ist die Interpretation des Gesichtsausdrucks eingeschränkt, sodass die soziale Interaktion leidet.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP in Stuttgart haben nun den Einfluss verschiedener Masken auf die akustische Sprachqualität untersucht. Zu den zehn Typen gehörten FFP-Masken, Community-Masken, Einmal-Masken und Plexiglas-Visiere. Ziel des Projektes ist es, mit einem Messaufbau und Bewertungssystem die akustischen Einschränkungen durch Masken bewerten sowie akustisch optimierte Atemschutzmasken entwickeln zu können. Die zentralen Messgrößen sind die Sprachverständlichkeit und der Sprachpegel. Mit einem künstlichen Gesicht erzeugt dazu ein künstlicher Mund (spezieller Lautsprecher) definierte Sprachsignale. Ohne und mit den Masken werden die resultierenden Sprachsignale unter mehreren definierten raumakustischen Bedingungen aufgezeichnet und ausgewertet.
Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Einfluss auf die Sprachverständlichkeit. Schon bei einem Hintergrundgeräusch von nur ca. 35 dB, also wie bei einer als sehr leise empfundenen Bürosituation, sinkt mit einer Atemschutzmaske die Sprachverständlichkeit um bis zu 26 %. Auf der entsprechenden Skala (Speech Transmission Index) von 0 bis 1 liegt der Wert unter 0,5 und signalisiert, dass Sprache nur sehr schwer und mit erhöhter Anstrengung verstanden werden kann. Selbst die sehr verbreiteten FFP- oder Community-Masken verringern die Sprachverständlichkeit um ca. 10 bis 15 %, je nach Hintergrundgeräusch und akustischen Umgebungsbedingungen.
Bei einer alltäglichen Geräuschkulisse, ob in Räumen oder im Freien, liegt die Sprachverständlichkeit bei allen untersuchten Masken zwischen 0,35 und 0,5 und damit in einem Bereich mit spürbarer Beeinträchtigung. Dabei kann die Verwendung einer Maske das Sprachverständnis genauso stark beeinflussen, wie ein 10 dB lauteres Störgeräusch im Hintergrund, das entspricht einer Verdoppelung der subjektiv wahrgenommenen Lautstärke. Anders ausgedrückt führen Atemschutzmasken dazu, dass sich der akustische wirksame Abstand des Sprechers in etwa verdoppelt.
Eine Ausnahme bildete ein Plexiglas-Visier, das den Sprachpegel durch Abstrahlung der zu Schwingungen angeregten Plexiglasscheibe sogar leicht erhöht. Infolge der Verzerrung der übertragenen Sprachfrequenzen wird jedoch die Verständlichkeit trotz höherer Lautstärke reduziert.
Noch ist es zu früh für ein Resümee, wie die für Sprachkommunikation optimale Maske zu gestalten ist. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer IBP weisen jedoch auf die Wichtigkeit der Optimierung hin: Die Folgen geringer Sprachverständlichkeit sind bekannt, nicht nur für Inklusion und Kommunikation in lebensrettenden Berufen. In der »neuen Normalität« verstärken sich Maskengebot und Abstandsregeln in punkto Minderung der Sprachverständlichkeit. Damit auch künftig normales Sprechen verstanden wird, geht die Forschung weiter.
Weitere Informationen
- Artikel in der weiter.vorn 4.2020 (archiv.fraunhofer.de)
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