Pompeji als Restaurierungsarchiv und Ausstellungslabor
Antike Stätten zu erhalten und mit ihnen sorgsam umzugehen – das ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Wo könnte das besser gehen als in Pompeji? Schließlich ist dies die antike Stadt, die weltweit am vollständigsten erhalten ist und die somit über ein sehr reiches bauliches Kulturerbe verfügt, das es zu bewahren gilt.
Wissenschaftliche Analyse der eingesetzten Restaurierungsverfahren
Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP und das Kunsthistorische Institut in Florenz – Max-Planck-Institut (KHI) haben daher nun ihre technologische Kompetenz und ihre kunst- und kulturwissenschaftliche Expertise zusammengeführt: Das Kooperationsprojekt, das im Sommer 2015 startete, soll das Verständnis zum Umgang mit Denkmälern erhöhen und das monumentale Erbe nachhaltig schützen. Dabei analysiert das interdisziplinäre Forscherteam die Verfahren, mit denen die pompejanischen Originale restauriert wurden, und prüft deren Dauerhaftigkeit. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Untersuchung von Architekturoberflächen und Mörteln.
Pompeji als Archiv der Geschichte
Kunsthistorisch gesehen ist Pompeji ein Archiv der Geschichte – genauer gesagt: der Geschichte der Restaurierungen seit dem 18. Jahrhundert samt dem jeweiligen zeit-, wissens- und technikhistorischen Kontext. Die Forscherinnen und Forscher führen die bislang verstreuten oder noch nicht gehobenen Quellen und Materialien zur 250-jährigen Restaurierungs- und Musealisierungsgeschichte in Pompeji zusammen, analysieren sie wissenschaftlich und erforschen sie. Damit schaffen sie zugleich eine Wissensbasis, um neuartige Restaurierungsmaterialien und innovative Ansätze für die historische Erforschung Pompejis zu entwickeln. Denn Pompeji ist nicht einfach eine ausgegrabene historische Stadt, die durch den berühmten Vulkanausbruch im Jahr 79 verschüttet wurde, sondern ein Neben- und Übereinander zahlreicher Restaurierungen und musealer Neukonfigurationen. Das Projektteam gewinnt somit Erkenntnisse dazu, wie die antike Stätte seit dem 18. Jahrhundert gestaltet und geformt wurde. Diese will es in Kooperationen mit weiteren Partnern einbringen – und so die Grundlage dafür legen, dass die Stadt weiter aufgearbeitet und museal vermittelt werden kann.
Rekonstruktion der Mörtelrezepturen
Sollen die pompejanischen Wandmalereien dauerhaft erhalten werden, sind optimal angepasste Restaurierungsmörtel notwendig. Wie sind die Baustoffe gemischt? Diese Frage können Verfahren aus der modernen Baustoffforschung wie Raman-Spektroskopie, Micro-CT, hochauflösende 3D-Bildgebung und computergestützte, statistische Analysen großer Datenmengen beantworten – kombiniert mit traditionellen Methoden der Mörtelanalyse. Und zwar bis in den Partikelbereich genau. Das Forscherteam kann somit die Rezepturen der Mörtel, die in früheren Restaurierungsphasen in Pompeji verwendet wurden, rekonstruieren und bewerten. Die gewonnenen Ergebnisse bilden die Grundlage, um neue Restaurierungsmaterialien für eine nachhaltige Konservierung zu entwickeln.