Wie praxistauglich sind Stadtklimamodelle?
Wandelt sich das Klima, ist dies in Städten besonders stark zu spüren: Sie reagieren sehr sensibel auf Klimaveränderungen. Gleichzeitig stellen sie sich nur langsam um. Sollen sich Städte an die zu erwartenden Folgen des Klimawandels anpassen, müssen daher bereits heute Maßnahmen ergriffen werden. Aber wie lassen sich zukünftige planerische Entscheidungen in Städten am besten treffen? Eine wichtige Grundlage dafür sind leistungsstarke Stadtklimamodelle, deren Anwendung Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer IBP aktuell erproben: In der von Juni 2016 bis Juni 2019 laufenden Fördermaßnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) »Stadtklima im Wandel«.
Leistungsstarke Stadtklimamodelle
Das Ziel ist die Entwicklung eines innovativen und anwenderfreundlichen Stadtklimamodells namens PALM-4U – samt Validierung und Prüfung seiner Praxistauglichkeit. Mit diesem Stadtklimamodell will das Forscherteam ein Werkzeug schaffen, das fachübergreifende Analysen für den urbanen Bereich erlaubt und mit dem sich Maßnahmen zur Verbesserung der Luftreinhaltung und des Stadtklimas planen lassen.
Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig: So ist eine Skalierung von einzelnen Gebäude über ganze Quartiere und Stadtteile bis hin zu Großstädten wie Berlin möglich. Typische stadtklimatische Fragestellungen wie Windkomfort oder thermischer Komfort lassen sich über das Modell beantworten, deren Einfluss auf das Innenklima in Gebäuden darstellen, Simulationen zur Schadstoffausbreitung durchführen oder auch das Bewegungsverhalten einzelner Personen über ein Multi-Agenten-Modell bewerten.
Bewertung der Praxistauglichkeit
Das Fraunhofer IBP ist im Teilprojekt UseUClim mit den Abteilungen Hygrothermik sowie Energieeffizienz und Raumklima als Verbundpartner beteiligt und führt bereits erste praktische Anwendungen des neuen Stadtklimamodells durch. Dabei vermittelte es den beteiligten Praxispartnern – den Umweltämtern der Städte Chemnitz, Dresden und Leipzig und den Stadtplanern der Sweco GmbH – in zwei Schulungsphasen den Umgang mit den aktuellen Modell-Prototypen. Zuerst lehrten die Wissenschaftler anhand eines konkreten Beispiels aus Berlin die Modell-Grundlagen und die Bedienung des Modells. In der zweiten Schulungsphase wendeten die Praxispartner PALM-4U an, um unter Anleitung eigene stadtklimatische Fragestellungen zu bearbeiten. Die Rückmeldungen der Praxispartner nutzt die wissenschaftliche Arbeitsgruppe des Fraunhofer IBP, um die Praxistauglichkeit des Modells zu bewerten. Zwar befindet sich PALM-4U aktuell noch in der Entwicklung, doch zeigt sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt das große Potenzial, welches sich durch die Integration von Stadtklimamodellen in die Planungspraxis ergibt.
Auch außerhalb des Projekts »Stadtklima im Wandel« findet PALM-4U bereits Anwendung: Auf der Messe Fenestration BAU in Peking stellte das Fraunhofer IBP gemeinsam mit SBA Architektur und Städtebau ein interaktives Stadtmodell aus. Über Tablets und Augmented Reality machten die Forscherinnen und Forscher die Ergebnisse der Stadtklimasimulationen mit PALM-4U erlebbar. Als Modell diente ein Abbild des Shanghaier Stadtbezirks Pudong.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert dieses Projekt (Förderkennzeichen: 01LP1602A) als Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA). Die Fördermaßnahme wird vom Projektträger DLR betreut.