Ein Paket von schallabsorbierenden und schallschirmenden Maßnahmen – kombiniert mit sogenannter Schall-Maskierung – reduziert den Störeffekt, der durch Sprachverständlichkeit in Büros entsteht deutlich. Maskierung bedeutet hierbei: Es wird ein weiteres Geräusch abgestrahlt, das zwar die Lautstärke der ursprünglichen Laute nicht mindert, aber den störenden Sprachschall verdeckt.
Wer in einem Mehrfachbüro arbeitet, kennt das Problem: Fremde Telefone dudeln ihre Melodien, Sprachfetzen schwirren umher, drängen sich in die eigenen Gedanken und lenken ständig von den Dingen ab, die man gerade erledigen will. Kurzum: Es braucht viel innere Ruhe und Konzentrationsfähigkeit, um in einem solchen Büro effektiv arbeiten zu können.
Was das im Alltag heißt, davon können viele Menschen ein Lied singen: Etwa 10,5 Millionen Menschen arbeiten deutschlandweit in Büros, die meisten in Mehrpersonenbüros. Der dort herrschende Geräuschpegel beeinträchtigt nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch die kognitive Leistungsfähigkeit – dies bestätigen Untersuchungen des Fraunhofer IBP in Bürogebäuden. Die Messergebnisse lassen sich im Labor noch genauer quantifizieren.
Unter anderem testeten die Forscher die kognitiven Grundfunktionen von Probanden. Dabei setzten sie auf den etablierten „Serial Recall Test“: Die Teilnehmer sahen auf dem Computerbildschirm eine Reihe von Ziffern, die sie sich merken und nach einiger Zeit wieder in den Computer eingeben sollten. Diesen Test führten die Wissenschaftler einerseits bei Stille durch – wie sie im Einzelbüro herrscht – und andererseits bei einer hohen Geräuschkulisse wie in einem Raum, in dem zahlreiche Mitarbeiter am Schreibtisch beschäftigt sind. Das Ergebnis: In einem Mehrpersonenbüro funktionierte das verbale Kurzzeitgedächtnis um zehn Prozent schlechter als in einer ruhigen Umgebung – die Menschen vergessen Dinge, die ihnen gesagt wurden, also schneller. Schaut man sich das durchschnittliche Tätigkeitsprofil von Büro- und Verwaltungsangestellten an, wird dies besonders brisant. 60 Prozent Stillarbeit stehen 25 Prozent Telefonaten und Besprechungen direkt am Arbeitsplatz gegenüber. Ohne geeignete Maßnahmen werden die Stillarbeiter nahezu ständig durch die Sprache ihrer kommunizierenden Kollegen gestört, die für sie irrelevant ist.
Wie sehr Telefonate und Besprechungen die Konzentration der anderen Mitarbeiter stören, hängt dabei weniger von der Lautstärke ab als vielmehr von der Verständlichkeit. Der Kollege kann noch so viel Rücksicht nehmen und möglichst leise ins Telefon flüstern – solange die Sätze für den Sitznachbarn verständlich bleiben, wird er sich beeinträchtigt fühlen. Ein Maß für die Verständlichkeit von Sprache liefert der „Speech Transmission Index“, kurz STI: Bei perfekter Verständlichkeit at er den Wert eins, ist die Sprache vollkommen unverständlich, liegt er bei null. Wie stark es das eigene Konzentrationsvermögen schwächt, wenn man mit halbem Ohr die Gespräche der Kollegen unfreiwillig mitbekommt, zeigen ebenfalls die Tests am Fraunhofer IBP: Während die Fehlerquote der Probanden bei verständlicher Sprache aus der Umgebung – der STI lag bei 0,6 – um zehn Prozent höher lag als in einem ruhigen Büro, sank sie bei einem STI von 0,3 auf zwei Prozent, verglichen mit einer stillen Umgebung. Abschirmmaßnahmen und schallabsorbierende Wände helfen nur bedingt, wenn man die störenden Sätze und Gespräche der Kollegen unkenntlich machen will. Erst ein Paket von schallabsorbierenden und schallschirmenden Maßnahmen kombiniert mit sogenannter Schall-Maskierung reduziert diesen Störeffekt deutlich. Maskierung bedeutet hierbei: Es wird ein weiteres Geräusch abgestrahlt, das zwar die Lautstärke der ursprünglichen Laute nicht mindert, aber den störenden Sprachschall verdeckt. Sprich: Man versteht die vom Kollegen geführten Gespräche nicht mehr. Die kognitiven Grundfunktionen der einzelnen Mitarbeiter werden daher kaum noch beeinträchtigt.
Maskier-Systeme kennt man vor allem aus nordamerikanischen Mehrpersonenbüros. Sie bestehen aus einem Raster von Lautsprechern unter der Decke, die gleichmäßig im gesamten Raum ein monotones Rauschen abstrahlen – das Geräusch ähnelt dem einer Lüftung. Dieses Konzept gleicht einer unabänderlichen „Berieselung von oben“. In Europa konnte es nie richtig Fuß fassen. Die Büronutzer haben das Gefühl, keine Kontrolle mehr über den eigenen Arbeitsplatz zu haben und in ihrem Bedürfnis nach Privatheit eingeschränkt zu werden – und bewerteten das System negativ.
Eine schallmaskierende Stehleuchte für Büroarbeitsplätze überwindet diese Probleme nun. Entwickelt haben sie Ingenieure und Psychologen des Fraunhofer IBP zusammen mit ihren Kollegen der Stuttgarter NIMBUS GROUP. Das Rauschen fällt nicht unabänderlich von oben herab; vielmehr hat jeder Mitarbeiter eine Stehleuchte an seinem Arbeitsplatz stehen. Das bringt gleich zwei Vorteile mit sich. Zu einen fokussiert die integrierte Lautsprecheranordnung das Geräusch nur auf den jeweiligen Arbeitsplatz – das heißt, der Betroffene kann die Lautstärke so regulieren, wie er selbst es als angenehm empfindet. Zum anderen maskiert das Geräusch die Gespräche und Telefonate der Kollegen selbst dann signifikant, wenn sie lauter sprechen oder das Maskiergeräusch leise ist. Um die Akzeptanz der Stehleuchte ist es daher gut bestellt. Einen Prototyp gibt es bereits: Er ist mittlerweile preisgekrönt. Seine Vorstellung auf der internationalen Leitmesse für Büro und Objekt ORGATEC 2014 sorgte für Furore.