Die genaue lichttechnische Charakterisierung transparenter Fassadenelemente ist von hoher Bedeutung für die Planung und Bewertung anforderungsgerechter und energieeffizienter visueller Umfelder. Fassadensysteme übernehmen heutzutage lichttechnische Schutz- und Versorgungsfunktionen. Einerseits sind Arbeits- und Aufenthaltsbereiche vor zu hohen Leuchtdichten auf der Fassadeninnenseite zu schützen, andererseits kann die Fassade zu einer effizienten natürlichen Raumausleuchtung beitragen. So kann in Büros z. B. ausreichend Tageslicht zu über 80 Prozent der Jahresbetriebszeit von Verwaltungsbauten bereitgestellt werden.
Ein am Fraunhofer IBP bereits bestehendes numerisches Verfahren zur photometrischen Charakterisierung transparenter Fassadenelemente wurde nun um eine Versuchseinrichtung ergänzt, die es ermöglicht, Komponenten und Systeme schnell, richtungsaufgelöst, zu vermessen. Mit der neuen Versuchseinrichtung lassen sich Fassadensysteme in Ergänzung zu seit langem möglichen Standardprüfungen (U-Wert, g-Wert) nun auch lichttechnisch umfassend bewerten. Klassifizierungen, z. B. nach DIN V 18599-4, werden möglich.
Die Versuchseinrichtung basiert auf dem Prinzip der Lichtstrommessung. Eine im Höhenwinkel und im Azimuthwinkel verstellbare Probenhalterung wird mit einem Strahler (HMI-Lampe) beleuchtet. Das durch die Probe transmittierte Licht fällt auf einen Schirm, der ein Sechstel des Halbraumes über der Probe abdeckt und in sechs Schritten um die Probe zur vollständigen Erfassung der Lichttransmission verfahren wird. Die Leuchtdichten auf dem Schirm werden mit Hilfe einer mitlaufenden Leuchtdichtekamera aufgezeichnet und via Bestimmung des Lichtstroms zu Leuchtdichtekoeffizienten verrechnet. Durch die unmittelbare Auswertung jeweils eines Sechstels der Hemisphäre kann im Vergleich zu Photogoniometern, die auf Punktmessungen der Beleuchtungsstärke basieren, erheblich schneller gemessen werden.
Die Versuchseinrichtung wird über eine Steuerungs- und Auswertungssoftware betrieben, welche direkt an ein Datenbanksystem für lichttechnische Kennwerte von Fassadensystemen angebunden ist.
Die Versuchseinrichtung wurde kalibriert und validiert. Als Referenz dienten Proben, die bereits in früheren Vorhaben mit anderen Versuchseinrichtungen vermessen worden waren. Es wurde eine gute Übereinstimmung festgestellt.
Das Photogoniometer ergänzt nun bestehende Messtechnik am Fraunhofer IBP zur thermisch-energetischen Bewertung von Fassadenkomponenten (U-Wert, g-Wert). Die Integration von Steuerungssoftware und eines Datenbanksystems für die Fassadenkennwerte ermöglicht die direkte Weiternutzung der Daten für die numerische und visuelle Bewertung der Innenraumbeleuchtungsverhältnisse mittels Lichtsimulationsverfahren wie RADIANCE als auch normativen Ansätzen wie nach DIN V 18599-4 zur Bestimmung des Einflusses auf den Energiebedarf von Gebäuden.