Wie wirkt sich Schlagregen auf die Außenbauteile eines Gebäudes aus? Wie hoch ist die Tauwassergefahr in Bauteilen? Und wie sind die hygrothermischen Bedingungen – also die Feuchte und die Temperatur – im Raum in Abhängigkeit vom Außenklima? Solche und ähnliche Fragen sollen hygrothermische Simulationen beantworten. Für sie greift man meist auf Klimadaten zurück, die für die Bemessung von Heiz- und Kühlsystemen ausgewählt wurden und daher vor allem die Temperatur berücksichtigen – für die hygrothermischen Bauteilbemessung eignen sie sich nur bedingt.
Im EnOB-Forschungsprojekt erstellten die Wissenschaftler des Fraunhofer IBP nun neue hygrothermische Referenzjahre für Deutschland, die sowohl die Temperatur und die Strahlung als auch die Luftfeuchte und den Niederschlag repräsentativ für die jeweilige Klimaregion wiedergeben. Kurzum: Die Klimadaten enthalten thermische und hygrische Angaben, wie sie für die jeweilige Gegend typisch sind. Die zehn Zonen, in die die Forscher Deutschland dabei eingeteilt haben, orientieren sich an den Testreferenzjahr-Regionen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) mit den jeweiligen Referenzstandorten.
Neben den mittleren Jahren ermittelten die Forscher auch kritische Jahre, die in bestimmten Kombinationen ein kritisch-repräsentatives Szenario ergeben. Denn manche Schäden treten nur bei singulären Ereignissen auf, etwa bei extrem niedrigen Temperaturen, die bei den mittleren Jahren nicht auftreten. Reiht man andererseits extreme Jahre aneinander, führt dies in der Simulation schnell zum Versagen von Bauteilen, die sich real gut bewährt haben. Die Kombination aus mittleren und kritischen Jahren stellt somit ein besonderes Szenario dar. Abbildung 5 zeigt die Aneinanderreihung von drei mittleren, dann zwei kritischen und am Ende nochmal drei mittleren Klimajahren im Vergleich mit der realen Messreihe. Dies verdeutlicht, dass sich mit den kritisch repräsentativen Jahren auch extreme Wetterlagen abdecken lassen.
Ergänzend zu den hygrothermischen Referenzjahren entwickelten die Forscher Lokalklimamodelle: Diese ermöglichen es, das regionale Klima auf die spezifischen Bedingungen vor Ort anzupassen – etwa die Lage des zu beurteilenden Gebäudes inmitten einer Stadt, am See oder auf einem Berg. Für die hygrothermische Bemessung von Bauteilen steht dem Planer damit künftig eine umfangreiche, spezifische und sichere Datenbasis zur Verfügung.