Von schwefelorganischen Verbindungen
Biomasse zu Biogas zu fermentieren ist alles andere als einfach. Die Schwierigkeit liegt vor allem in der Prozessführung, denn Biomasse ist naturgemäß heterogen. Bis dato sind daher bei Biogasprozessen umfangreiche Gasreinigungs- und Anreicherungsmethoden notwendig. Soll dieser Prozess optimiert werden, muss man die vielschichtigen biologischen, chemischen und physikalischen Parameter und Vorgänge bei dieser Fermentation genau kennen.
Wissenschaftler des Fraunhofer IBP entwickeln daher eine Online-Prozessanalytik, um schwefelorganische Verbindungen zu detektieren und nachzuweisen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) förderte dieses Verbundvorhaben »Online-Prozessanalytik qualitätsbeeinflussender Parameter bei der Biogasproduktion durch intelligente Sensorik«.
In ihrer Studie legten die Wissenschaftler drei Schwerpunkte
- Sie untersuchten eine städtische Großkläranlage, einen regionalen Bioabfall-Entsorger und eine landwirtschaftliche Geflügelanlage mit unterschiedlichen Verfahrenstechnologien und Biomasse. Bilden sich schwefelorganische Verbindungen?
- Eignen sich Metalloxidsensoren, um solche schwefelorganischen Stoffe zu detektieren? Zudem entwickelten die Wissenschaftler die Sensoren entsprechend weiter.
- In einer analytischen Laborstudie konnten sie Aussagen darüber treffen, welche schwefelorganischen Vorstufen bei der Bildung von Schwefelwasserstoff (H2S) relevant sind.
Der Biogasprozess ist komplex, daher variiert das entstehende Gasgemisch. Ein besonders unerwünschtes Nebenprodukt ist Schwefelwasserstoff (H2S): Er riecht unangenehm, ist toxisch und korrosiv. H2S steht am Ende einer Kette aus organischen Substrat-Abbauprodukten. Die Forscher identifizierten wesentliche Edukte und Zwischenprodukte und klärten auf, wie die Bildung dieses Schwefelwasserstoffs mit der mikrobiellen Aktivität im Substrat zusammenhängt. Findet die Biogasfermentation strikt anaerob statt – also ohne Luft –, werden Thiole gebildet. Bilden sich dagegen Sulfide, weist dies auf einen aeroben Einfluss hin – also darauf, dass der Prozess unter Lufteinfluss stattfindet.
Bilden sich schwefelorganische Verbindungen, wirkt sich dies auch auf den Prozess aus. Ein Sensor, den die Wissenschaftler eigens dafür entwickelten, erlaubt es, regelungstechnisch in den Fermentationsprozess einzugreifen. Das heißt: Künftig lassen sich Außer-Kontroll-Situationen beim Biogasprozess verhindern, und zwar unabhängig vom eingesetzten Substrat. Die Technologie, welche die Forscher für das Projekt adaptiert haben, basiert auf dotierten und undotierten keramischen Halbleitergassensoren mit einer entsprechend angepassten Mess- und Regelungstechnik, die auf einem Gasprüfstand qualifiziert wurden.
Zur späteren Signalaufnahme setzten die Wissenschaftler ausgewählte Sensoren am Laborfermenter ein und konnten somit verschiedene Betriebszustände zur Untersuchung der Sensoren abbilden. Änderungen in der Prozessführung ließen sich sensorisch aufzeichnen. Indem die Forscher messtechnisch verfolgten, wann sich schwefelorganische Verbindungen bildeten und diese als Markersubstanzen für den Fermentationsprozess nutzten, konnten sie das Fermentationsoptimum bestimmen und Biogas hoher Qualität erzeugen.