Berechnungsmethode für Glas-Doppelfassaden zur energetischen Bewertung im Rahmen der DIN V 18599

VERU Südwestansicht
© Fraunhofer IBP
Südwestansicht der Versuchseinrichtung für energetische und raumklimatische Untersuchungen VERU am Standort des Fraunhofer IBP in Holzkirchen. Im EG der Westansicht befinden sich die beiden unterschiedlichen Glasdoppelfassaden.

Für die Nachweisführung im Rahmen des Gebäudeenergiegesetzes ist es im frühen Planungsstadium eines Gebäudes notwendig, Aussagen zum energetischen Verhalten zu treffen, um zu prüfen, ob die Anforderungen an den maximal zulässigen Energiebedarf erfüllt bzw. wo weitere Optimierungen nötig sind. In der ersten Fassung der zugehörigen Berechnungsnorm DIN V 18599 wurde für Gebäude mit natürlich durchströmten Glasdoppelfassaden mit der Annahme eines konstanten Luftwechsels im Fassadenzwischenraum ein einfacher Ansatz für die Bilanzierung verwendet. Erste Vergleiche von Berechnungsergebnissen mit Messdaten aus realen Gebäuden mit Glasdoppelfassaden zeigten jedoch, dass mit diesem einfachen Berechnungsansatz das komplexe instationäre Verhalten marktüblicher natürlich belüfteter Glasdoppelfassaden und deren unterschiedliche Konstruktionsvarianten nicht zufriedenstellend abgebildet werden können.  Forschende des Fraunhofer IBP entwickelten zur Lösung dieses Problems eine neue Berechnungsmethode. 

Stand des Projekts

Mit Hilfe von in situ-Messungen an zwei Glasdoppelfassaden an der Versuchseinrichtung für energetische und raumklimatische Untersuchungen »VERU« am Standort des Fraunhofer IBP in Holzkirchen und darauf aufbauenden Variantenrechnungen an einem messtechnisch validierten Simulationsmodell konnten vier wesentliche Parameter zur Eingrenzung der energetischen Bewertung von Glasdoppelfassaden identifiziert werden. Dies sind die Art der äußeren Verglasung, die Tiefe des Fassadenzwischenraums, der Durchflussbeiwert und die Öffnungsfläche der Lüftungsöffnungen.

Im Rahmen des Forschungsprojekts konnten Kennlinien entwickelt werden, die eine genauere, konstruktionsabhängige Vorhersage des Luftwechsels im Fassadenzwischenraum einer Glasdoppelfassade ermöglichen. Der neue Ansatz, der den Luftwechsel im Fassadenzwischenraum in Abhängigkeit von spezifischen Eigenschaften der Glasdoppelfassade bestimmt, zeigt gegenüber dem bisherigen pauschalen Ansatz eines konstanten 10-fachen Luftwechsels eine deutlich verbesserte Abschätzung der Temperatur und damit auch eine erhöhte Genauigkeit bei der Berechnung des Energiebedarfs für Heizung und Kühlung. Zur Beurteilung der praktischen Handhabbarkeit und Genauigkeit der Rechenmethode wurden Langzeitmessungen an vier real genutzten Gebäuden mit natürlich belüfteter Glasdoppelfassade durchgeführt und die neue Rechenmethode verifiziert.

Mit der neuen Berechnungsmethode lassen sich unterschiedliche Fassadenkonzepte einer Glasdoppelfassade in einem frühen Planungsstadium energetisch bewerten und positive Eigenschaften bzw. Optimierungsmöglichkeiten ohne zeitaufwendige komplexere dynamische Simulationsrechnungen darstellen.

Projektpartner

  • Hydro Building Systems GmbH / Wicona Bausysteme GmbH
  • Interpane Glas Industrie AG
  • Munich RE Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG
  • Zumtobel Staff GmbH
Beispielhafte Kennlinie zur Ermittlung des Luftwechsels
© Fraunhofer IBP
Beispielhafte Kennlinie zur Ermittlung des Luftwechsels im Fassadenzwischenraum für eine Glasdoppelfassade mit Einfach-Verglasung außen und 0,7 m Scheibenabstand.
Temperatur im Fassadenzwischenraum einer Glasdoppelfassade
© Fraunhofer IBP
Vergleich der gemessenen und anhand des entwickelten Bewertungsverfahrens errechneten Monatsmittelwertes der Temperatur im Fassadenzwischenraum einer Glasdoppelfassade für Messraum 2.200 des Monitoringgebäudes Süd 1.