Die Ansprüche der Verbraucher steigen stetig: Ob Ananas, Banane oder Kiwi – Früchte genau dann zu genießen, wenn das Aroma am intensivsten ist, schätzen nicht nur Feinschmecker. Für einen ungetrübten Genuss sollte das Produkt halten, was das Auge verspricht. Im Idealfall schmeicheln Süße und Saftigkeit dem Gaumen und verwöhnen ihn mit frischer vollreifer Fruchtigkeit. Weltweit regeln strenge Vorschriften die Produktion, Lagerung, Verarbeitung und Zubereitung von Lebensmitteln zum Schutze des Verbrauchers. In der Folge wird die Qualitätsüberwachung während des Transports immer wichtiger. Hier kommt die Fruchtlogistik ins Spiel. Durch definierte und kontrollierte Abläufe sorgt sie dafür, dass die Früchte in bester Güte ihre Abnehmer erreichen. »Wenn wir an dieser Schnittstelle ansetzen, können wir die Qualität erhöhen und damit die hohen Standards der Endverbraucher erreichen oder sogar übertreffen«, ist Judit Angster überzeugt. Ihr Plan ist es, mit Physik für reife Früchte zu sorgen.
Dass Temperatur und Wärme Einfluss auf die Früchte haben und beim Transport ständig überwacht werden müssen, erscheint logisch. Es gibt jedoch noch eine Handvoll weiterer Parameter, die im Auge zu behalten sind. In der Fruchtlogistik spielt Ethylen die zentrale Rolle. Früchte und Obstsorten aller Art stoßen es während ihres gesamten Lebenszyklus aus. Ethylen ist ein gasförmiges farbloses, süßlich riechendes Hormon, welches Pflanzen als Stoffwechselprodukt an die Umgebung abgeben und das den natürlichen Reifungsprozess beschleunigt. Untersuchungen haben gezeigt, dass eine direkte Korrelation zwischen dem Reifegrad und der vom Obst abgegebenen Ethylenkonzentration besteht. Mit diesen Fakten hat sich Angster bereits intensiv auseinandergesetzt: »Wir nutzen die Erkenntnisse dazu, Messsysteme zu entwickeln, die den Ethylengehalt beim Transport überwachen«, erläutert die Physikerin. »Modernste Technik, wie sie in der
Photoakustik zur Anwendung kommt, kann diese Anforderungen leisten. Mit ihrer Hilfe lässt sich die Qualität der Früchte effizienter beeinflussen und bewerten«.
Was steckt hinter dem Prinzip der Photoakustik und wie lässt sich der exakte Ethylengehalt der Früchte messen? »Wir nutzen physikalische Gesetzmäßigkeiten«, charakterisiert Angster ihre Forschungsarbeit. »Während eines photoakustischen Messvorgangs leiten wir ein Gasgemisch in eine Messkammer. Leistungsstarke Laser richten gepulstes Licht auf den Messaufbau. Aufgrund des Pulsbetriebs der Laserquelle kommt es innerhalb der Messkammer zu periodischen Temperatur- und Druckschwankungen, die ein Mikrofon misst. Die Proportionalität von Schallleistung, Lichtenergie und Absorptionskoeffizient des Gases gibt uns Aufschluss darüber, wie hoch die Konzentration des bestimmten Moleküls – in diesem Fall Ethylen – im Gasgemisch ist«. Möchte man also das Maß der Ethylenkonzentration genau bestimmen, so lässt sich dies an der Stärke der akustischen Signale ablesen. Diese Daten ermöglichen den Akustikern, den Reifegrad der Früchte zu bewerten und gleichzeitig eine optimale Lagerungsatmosphäre im Container zu überwachen und sicherzustellen. »Dass die Früchte unterschiedliche Anforderungen an die Atmosphäre haben und auch die Natur im Container Einfluss hat, indem sie beispielsweise Reifungsprozesse auslöst, müssen wir natürlich sehr genau verfolgen«, ergänzt Judit Angster.
Kurzum, es geht um Energieaustauschprozesse, und zwar um die Umwandlung von Lichtenergie in kinetische Energie. Sie wird auch Bewegungsenergie genannt (von griechisch kinesis = Bewegung) und definiert die Energie, die ein Objekt aufgrund seiner Bewegung enthält. Ein Lichtstrahl, der nur aus einer einzigen Wellenlänge besteht, wird als monochromatisch bezeichnet (griechisch mono chromos = eine Farbe). Derartiges Licht kommt in der Natur nicht vor und lässt sich nur künstlich durch einen Laserstrahl erzeugen. Für die Anwendung der Gasdetektion in der Photoakustik ist die Wellenlänge des monochromatischen Lichts entscheidend. Das Messsystem stimmt diese auf die Absorptionslinie des nachzuweisenden Zielmoleküls ab. Was jedoch sind Absorptionslinien? Jedes chemische Element hinterlässt in Gestalt der dunklen Linien im Farbspektrum einen charakteristischen »Fingerabdruck«, ähnlich einem Strichcode. Am Muster der Linien kann man erkennen, aus welchen Elementen sich die Materie zusammensetzt, die das Licht durchwandert hat. Joseph von Fraunhofer, Namenspatron der Fraunhofer-Gesellschaft, entdeckte sie im Jahre 1813.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Selbst minimale Gaskonzentrationen mit hoher Präzision und der preiswerten Technik der Photoakustik aufspüren zu können, liefern gute Gründe, diese Methode in die Praxis umzusetzen. Das Team um Dr. Judit Angster hat jedoch noch weitere Ideen, in welchen Bereichen diese Technik spannende und interessante Perspektiven bietet. Im Umweltschutz, in der medizinischen Diagnostik, bei biologischen Fragestellungen, im Bereich der Sicherheit oder Qualitätskontrolle sieht es Chancen, photoakustische Gassensoren einzusetzen. Angster hat sich zum Ziel gesetzt, das Themenfeld Photoakustik am Fraunhofer IBP als neues Gebiet für Forschung und Entwicklung aufzubauen. Einen Teil des Hintergrunds bildet das international anerkannte Institut für Physikalische Chemie (Prof. Peter Hess) an der Universität Heidelberg, dessen Aktivitäten in einer anwendungsorientierten Weise am Fraunhofer IBP fortgesetzt werden. Der renommierte Experte für Gasphasen-Photoakustik aus Heidelberg, Prof. András Miklós, ist in diesen neuen Forschungsbereich am Fraunhofer IBP integriert.